Es kam, wie es kommen musste. MSC Opera am Werk.

Wir in Venedig wussten alle, dass so etwas (und noch Schlimmeres) in Venedig passieren würde. Und das ist übrigens nicht der erste Unfall eines Kreuzfahrtschiffes in Venedig. Das Schiff, das heute morgen von der MSC Opera gerammt wurde, ist übrigens kein Ausflugsboot, sondern ein 110 Meter langes Flusskreuzfahrtschiff, die River Countess.

Fünf Personen wurden verletzt – und ich wage jetzt nicht zu hoffen, dass dieser Unfall irgendetwas an der Strategie der venezianischen Kreuzfahrtindustrie ändern wird. Leider. Zu viele Interessen. Venedigs Kreuzfahrt-Terminal gehört der Aktiengesellschaft VTP, Venice Terminal Passeggeri, dessen Mehrheitseigner die Kreuzfahrtgesellschaften (!) und der venezianische Flughafen SAVE sind. Von ihnen nachhaltigen, umweltfreundlichen Tourismus zu erhoffen, ist, als würde man vom „Islamischen Staat“ einen Friedensmarsch erwarten.

Jetzt trommelt der venezianische Bürgermeister Brugnaro für die Verlegung der Kreuzfahrtschiffe nach Marghera – was aber nichts anderes als die „Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn“-Lösung wäre, die keinerlei Vorteil für Venedig hätte: Die Kreuzfahrtschiffe würden weiterhin die Lagune zerstören, allein die Kreuzfahrtgesellschaften hätten ihr Image-Problem gelöst, indem nicht mehr jeder hergelaufene Tourist ein Foto am Markusplatz machen könnte, wenn sich der Himmel verdunkelt, weil da gerade ein Plattenbau vorbeischwimmt.

Die einzige Lösung ist: Kreuzfahrtschiffe raus aus Venedig – aber eben ganz raus, und nicht einfach am Rand der Lagune, wie bei dem Projekt Duferco, hinter dem sich weitere große Interessen verbergen.

Das einzige, was ich hoffe, ist, dass wir in Venedig jetzt mehr Gehör in der Welt finden – denn selbst die Unesco arbeitet nicht für, sondern gegen Venedig, indem sie die Verlegung der Kreuzfahrtschiffe nach Marghera als lobenswerte Initiative pries.

4 Kommentare

  1. Sehr verehrte Frau Reski,
    da ich selbst nicht twittere, ist mir das entgangen. Ein „Gezwitscher“ von Ihnen hat es via dpa (Quelle für folgenden FAZ-Artikel) zu einer Hauptüberschrift in die FAZ geschafft:
    „Solange es keine Toten gibt, passiert nichts in Venedig“
    Zu lesen unter:
    https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/ungluecke/beinahe-unfall-mit-kreuzfahrtschiff-in-venedig-16273887.html

    Leider haben Sie recht, es ist so, wie Sie es getwittert haben. Man hat es auch an der Morandi-Brücke gesehen. Obwohl Schwächen bekannt waren, ist nichts passiert – erst mußte sie einstürzen.

    Montägliche Grüße
    Kurt Noll

  2. Hallo Frau Reski,
    wenn man sich den kleinen oben eingebetteten Youtube-Film anschaut, muss man sagen, dass das Ganze noch viel Schlimmer hätte ausgehen können. Wenn dieses Flusskreuzfahrtschiff (fahren die eigentlich auch bei 2 Meter hohen Wellen nach Venedig?) bereits oder noch am Kai mit Tauen richtig festgezurrt gewesen wäre, dann hätte die MSC Opera dieses Schiff vermutlich halb versenkt oder einen größeren Teil des Heckbereichs eingedrückt, weil das Schiff ja nicht hätte ausweichen können, so wie es da passiert ist. Das Ganze war im Grunde „nichts weiter“ als ein ziemlich heftiger Rempler beim Einparken, so wie das wohl in Frankreich im Straßenverkehr üblich ist und wo man die Handbremse zumindestens in ebenen Straßen nicht anziehen sollte.
    Kreuzfahrtschiffe sind in den letzten Jahren ja immer wieder mal in die Schlagzeilen gekommen, zuletzt im März dieses Jahres die „Viking Sky“ vor Norwegen, und ganz unvergesslich natürlich die Havarie der Costa Concordia vor der Insel oder genauer an der Insel Giglio etwas südlich der Insel Elba im Januar 2012 mit 32 Toten. Aber das ist ja auch kein Wunder bei der ständig wachsenden Zahl an Kreuzfahrtschiffen mit gleichzeitig stark steigender Zahl an Kreuzfahrttouristen.
    Kreuzfahrtschiffe sind bisher wohl noch ein ideales Mittel um die Margen von Erdölraffinerien zu verbessern oder zumindestens zu erhalten, weil viele noch Schweröl (= Bunkeröl C, stark schwefelhaltig) als Treibstoff verwenden, während der Verbrauch an Schweröl durch Containerschiffen aufgrund deren steigender Größe (= weniger Schweröl pro Container bzw. Tonnenkilometer) und verbesserter Motorenwirkungsgrade sowie verbessertem Strömungswiderstand der Schiffe vermutlich zurückgeht.

Schreibe einen Kommentar zu Kurt R. Noll Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert