In diesen schnelllebigen Zeiten (Das Internetz!) gibt es wenige Dinge, auf die noch Verlass ist. Um so mehr muss endlich mal die Beständigkeit der deutschen Italien-Berichterstattung gelobt werden. In der gleich mehrere Redaktionen darum wetteifern, wer die regierungsamtliche Sicht am besten vertritt.
Wenn Sie mich fragen, steht die Süddeutsche auf Platz 1. Außer wenn Thomas Steinfeld schreibt, der alles vermasselt, weil er ums Verrecken nicht in den Kanon des Böse-böse-Fünfsterne-mit-dem-Kinderfresser einstimmen will und so der SZ die Punktzahl versaut. Aber glücklicherweise schreibt Steinfeld im Feuilleton, da müssen wir uns keine Sorgen machen, zumal er da von einem bislang nicht als Italien-Kenner aufgefallenen Hilmar Klute konterkariert wird, der weiß: „Und was herauskommt, wenn ein Politiker weder rechts noch links, sondern gegen alles sein will, kann man sehr schön in Italien am Beispiel des todesernsten Geifer-Clowns Beppe Grillo studieren. (SZ vom 3.3.2018) Und ansonsten sind die Italiener verrückt wie immer: „Das große Brüllen“ lautete die messerscharfe Analyse der SZ am Tag vor der Wahl.
In der WELT erklärt uns Thomas Schmid mal wieder die rätselhaften Italiener („die italienische Katze beißt sich in den Schwanz“), und Herr Schümer zeigt am Tag nach der Wahl bewundernswerte Qualitäten als Entfesselungskünstler: Erst sieht er die Italiener im „Ekel vereint“ – das natürlich dank des „Komikers“ („er wurde aus dem Fernsehen verbannt und tingelte mit anarchischen Shows landesweit durch Hallen und Stadien“), will sich dann aber doch auch einen Platz an der Sonne sichern, weshalb er am Ende seiner unerbittlichen Analyse bescheidet: „Für das marode „Hotel Italia“ wirken die unberechenbaren Fünf Sterne am politischen Firmament da fast noch wie ein vager Hoffnungsschimmer.“
Dann kam die Wahl. Der Schock ging aber schnell vorbei, glücklicherweise, hätte mir sonst Sorgen gemacht. Munter ging es weiter mit: „Macht stinkt nicht“, wie die SZ wusste, ansonsten aufs Wetter setzte („Rom flimmert“) und von „Paarungszeiten“ (zwischen den Fünfsternen und dem Rechtsbündnis aus Lega-Berlusconi) fabulierte, weil das am Tag zuvor in der Repubblica zu lesen war.
Für das, was von der italienischen Linken übrig bleibt (wenn die PD links ist, ist Berlusconi ehrlich. Und, by the way: der von den deutschen Medien so vergötterte Renzi sitzt im Senat, den er eigentlich abschaffen wollte und erfreut sich seiner Bezüge) wäre das die liebste Lösung, denn dann könnte die Repubblica die Fünfsterne endlich als Auswuchs der Hitler-Jugend bezeichnen. Was am Tag darauf in der SZ, im SPIEGEL und danach auch in leicht abgewandelter Form, vielleicht auch eleganter formuliert, in der FAZ und in der WELT zu lesen wäre.
Ansonsten wollen Sie jetzt endlich wissen, was Sie von den italienischen Wahlen zu halten haben, und ob es jetzt an den deutschen Sparstrumpf geht, das ist ja im Grunde das einzige, was sich hinter dem Fünfsterne-Bashing verbirgt.
Tatsache ist: 40 Prozent hat keiner. Renzi kontrolliert seine „Truppen“ im Parlament immer noch, logisch, schließlich sitzt die überwältigende Mehrheit der PD dank ihm dort. Und er hat die Losung ausgegeben: Nie mit den Fünfsternen. (Was die überwältigende Mehrheit der PD-Wähler übrigens ganz anders sieht) Lieber wieder mit Berlusconi. Ist ja auch verständlich, schließlich hat diese große Koalition schon die letzten 20 Jahre bestens funktioniert, jedenfalls für die Beteiligten, für die Italiener etwas weniger. Eine Koalition der Fünfsterne mit der Lega schließe ich aus, weil die Fünfsterne mit der Lega weniger gemeinsam hat, als sich die Repubblica wünscht. Zudem müsste sich Salvini von Berlusconi befreien, was er nicht tun wird, weil er B. beerben will, und da darf er nicht als Vatermörder in die Annalen eingehen.
Neuwahlen? Möglich. Aber im Grunde nur im Interesse der Fünfsterne – alle anderen werden sie vermeiden wie der Teufel das Weihwasser.
Aber wie der neue Parlamentspräsident Roberto Fico (böse, böse Fünfsterne) festgestellt hat, können auch jetzt schon Beschlüsse gefasst werden, etwa über die Bezüge der Parlamentarier oder über die sogenannten Wendehälse, die ihr parlamentarisches Mandat behalten, obwohl sie die Partei gewechselt haben. Kurz: Es geht auch ohne Regierung ganz gut, hat man ja in Deutschland gesehen, ich meine: sechs Monate! Und der Verkehr funktionierte immer noch!
Und zum Schluss noch ein Disclaimer: Dieser Blog vertritt ausschließlich die Meinung der Reski-Partei.