La malattia und die Republik

Gigante di Felline

Ja, die Feuerbakterie. Sie wütet nicht nur in den Olivenhainen des Salento, sondern auch in der Redaktion der Republik. Schade eigentlich. Gerade von ihnen hätte ich mir mehr erwartet – zumindest nicht, als Verschwörungstheoretikerin verlinkt zu werden. Ich habe der Republik dazu eine Replik geschrieben:

Sehr geehrte Chefredaktion der Republik,

der Artikel „La malattia“ wäre mir fast entgangen, wenn mich nicht eine Schweizer Freundin darauf aufmerksam gemacht hätte. Weil ich in der deutschsprachigen Presse bereits unzählige Artikel gelesen habe, die sich stets darauf beschränken, die Gegner des Abholzens der Olivenbäume im Salento als arme Irre zu diffamieren, hätte ich es nicht für nötig befunden, darauf zu reagieren – wenn sich die Republik nicht das journalistische Ethos groß auf die Fahne geschrieben hätte, wie ich es im Manifest der Republik nachlesen konnte. Kritik der Macht? Ja! Verantwortung für die Öffentlichkeit? Ja! Vernünftige Informationen um vernünftige Entscheidungen zu treffen? Ja! Expeditionsteams in die Wirklichkeit? Unbedingt! Aber warum ist in dem Artikel „La malattia“ davon nichts zu lesen? Wo sind die Fakten? In welcher Parallelwelt hat der Autor recherchiert?

 

 

Unterstützt werden sie von professionellen Zweiflern aus ganz Italien: Der Politiker Beppe Grillo, Kopf der 5-Sterne-Bewegung, poltert aus Genua gegen «die gigantische Verschwörung» und lässt auf seinem Blog eine bekannte Krimiautorin und Anti-Mafia-Journalistin aus Venedig erklären, wie alles mit allem zusammenhängt. Die Mafia, Chemtrail-Giftwolken, der Agrochemiekonzern Monsanto, Betreiber von Ölpipelines, karrieregeile Wissenschaftler: Sie alle sollen sich irgendwie gegen Süditalien verbündet haben.

ist in dem Artikel zu lesen. Wozu soll der linkische Versuch gut sein, mich als Verschwörungstheoretikerin zu diffamieren? Vielleicht, um Beppe Grillo zu treffen, der keineswegs poltert, sondern lediglich meinen Blogpost auf seinem Blog veröffentlicht hat? Weder in dem Post, noch in meinem Blog war je die Rede von „Chemtrail-Giftwolken“, kommt aber gut, wie die Abonnenten der Republik auch in dem Newsletter nachlesen konnten, wo diejenigen, die im Salento Widerstand leisten, lediglich als Verschwörungstheoretiker diskreditiert werden, genau wie Impfgegner oder Amerikaner, die Trump gewählt haben.

Was die Mafia betrifft, hätte es die Republik-Leser vielleicht interessiert, dass „Die eigenartige Geschichte der Xylella“ im Vierteljahresbericht des (vom Antimafia-Staatsanwalt Giancarlo Caselli geleiteten) Osservatorio Agromafie großen Raum einnimmt, nachzulesen hier.

Überhaupt, die Fakten. Mühsam, das weiß ich aus Erfahrung. Lassen sich nicht auf die Schnelle zusammengoogeln. Ich beschäftige mich mit dem Vertrocknen der Olivenbäume seit fast fünf Jahren und habe darüber nicht nur in meinem Blog, sondern auch in GEO, in der ZEIT und in Mare geschrieben. Eben so lange lese ich Artikel, die nahezu wortwörtlich die immer gleichen Aussagen eines einzigen Kreises von Wissenschaftlern (stets die der Wissenschaftler der Uni Bari: Martelli, Boscia, Saponari et alii) wiederholen. Kritiker werden als „angebliche Wunderheiler“/unrettbare Romantiker/ewig Gestrige/schlichte Gemüter“ diskreditiert, fertig ist die Recherche. Zweifel gibt es nicht. Im Artikel der Republik wird die Nicht-Regierungsorganisation „Spazi popolari“ als Verbreiter von Verschwörungstheorien diffamiert – aber warum lässt der Autor die „Spazi popolari“ nicht selbst zu Wort kommen? Warum wird kein einziger Gegner der Abholzungsaktion interviewt? Warum taucht kein einziger Wissenschaftler auf, der nicht zu dem immer gleichen Kreis gehört? Warum hat der Autor keine der Experimentierfelder besucht, die mit großem Erfolg vertrocknete Olivenbäume mit ökologischen Mitteln wiederbeleben? Warum hat der Autor kein Interview mit Marco Scortichini geführt, der eine erfolgreiche Methode zur Wiederbelebung der Olivenbäume entwickelt hat, die von der Wissenschaft anerkannt ist (peer-reviewed)?

Warum hat der Autor nicht erwähnt, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lecce bis heute nicht abgeschlossen sind? Und dass der im Artikel ausführlich zu Wort kommende Wissenschaftler Donato Boscia zu den Personen gehört, gegen die ermittelt wird? Der Autor hätte auch die staatsanwaltlichen Ermittlungsakten lesen, ja sogar mit dem Leiter der Staatsanwaltschaft ein Interview führen können. Die Leser der Republik hätte es sicher interessiert.

Und es gibt noch mehr Fragen: Warum schreibt der Autor an keiner Stelle, dass zur Zeit im italienischen Parlament eine umfassende parlamentarische Untersuchung zum Thema Xylella läuft?

Warum hat der Autor nicht darüber berichtet, dass in den Jahren zwischen 2003 und 2010 im Salento fünf Mal so viel Glyphosat verkauft wurde als in den Jahren zuvor? Und das, obwohl die Agrarfläche in der Provinz Lecce viel kleiner ist, als die in der Provinz Bari, im Norden Apuliens, wo seit Jahrzehnten unter großem Chemieeinsatz eine intensive Landwirtschaft von Großbetrieben betrieben wird?Warum hat der Autor nicht erwähnt, dass Monsanto von 2011 bis 2013 Experimentierfelder im Salento unterhalten hat, deren Lage bis heute nicht bekannt gegeben wurde?

Warum ist an keiner Stelle zu lesen, dass die Regionalregierung erst im April dieses Jahres bekannt gab, dass nicht 95 Prozent aller Olivenbäume mit der Xylella-Bakterium infiziert sind, wie es die Wissenschaftler Boscia, Martelli et alii stets bekannt gaben, sondern lediglich 1 Prozent aller untersuchten Pflanzen?

Warum ist im Artikel keine Rede davon, dass über den Salento seit Jahrzehnten nicht nur die Ausdünstungen des Heizkraftwerks von Cerano wehen, sondern auch die der Zementfabriken Cementir, Colacem und des berüchtigten Stahlwerks Ilva von Taranto, gegen die staatsanwaltlich ermittelt wurde, seit bekannt wurde, dass hochgiftige Asche aus dem Heizkraftwerk nicht entsorgt, sondern zu Zement weiterverarbeitet wurde? In der Provinz Lecce, dem sogenannten Notstandsgebiet der Xylella liegt die Krebsrate höher als in Brindisi und Taranto, wo sich die Verursacher der Umweltschäden befinden.Die beiden Olivensorten, die nun als Heilsbringer auch vom italienischen Bauernverband Coldiretti gepriesen werden, sind keineswegs resistent gegen die Xylella. Eine ist die in Laboratorien entwickelte, patentrechtlich geschützte Sorte FS-17,  eine Olivensorte, die sicher nicht zufällig in den Laboratorien des Wissenschaftsrats von Bari entwickelt wurde, die als Urheber somit eine Lizenzgebühr mit jedem Baum verdienen.

Warum hat der Autor nicht erwähnt, dass die Uni Bari, die Abteilung für nachhaltigen Pflanzenschutz Bari (IAMB) und das Agrarforschungsinstitut mit dem Forschungsinstitut des Agrarmultis Agromillora ein Abkommen über Entwicklung einer neuen, industriell anbaufähigen Olivensorte abgeschlossen hat, die ihnen der ihnen 70 Prozent der Lizenzgebühren garantiert?

Xylella trägt die Schuld daran – das sagt die Wissenschaft, sagt die Europäische Union, sagt mittlerweile auch die italienische Regierung. Nur will das ein grosser Teil der Bevölkerung im Salento nicht glauben

lesen wir in dem Artikel. Ja, die Wissenschaft. Leider unterlässt der Autor auch zu erwähnen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse, auf die sich die Efsa, die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit der EU – und damit die gesamte Vernichtungsaktion stützt, auf tönernen Füßen steht. Genauer gesagt, auf Untersuchungen der Universität Bari, die wissenschaftlich äußerst zweifelhaft sind, da sie nicht den wissenschaftlichen Mindeststandards entsprechen, weil sie nicht peer reviewed sind. Und die Studie, mit der alles steht und fällt, und die von der Efsa, die kein Forschungsinstitut ist, bei der Uni Bari in Auftrag gegeben wurde, erfüllt nicht die Koch-Postulate, die Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen einem Bakterium und dem Wirt. Letztlich handelt es sich bei dieser Untersuchung lediglich um eine wenig aussagekräftige Pilotstudie. Das alleinige Vorhandensein des Bakteriums sagt nichts über die Ursachen des Vertrocknens aus, vermutlich sind die Olivenbäume nichts anderes als Wirtspflanzen für das Bakterium. Aber sie taugen bestens dazu, die Vernichtung einer Kulturlandschaft zu rechtfertigen.

„Liegt die Vernunft, dieses zarte Pflänzchen, bereits auf dem Komposthaufen der Geschichte? Müssen wir uns wieder mit Menschen herumschlagen, die sagen, ich verstehe ja, dass die Fakten so sind, wie sie sind, aber ich glaube ans Gegenteil?“

Ist im Newsletter der Republik zu lesen, damit der Leser – der offenbar von der Redaktion als so schlicht betrachtet wird, dass man ihm noch zusätzliche Hilfestellungen geben muss – weiß, wie er die Geschichte über die Xylella einzuordnen hat. Schade nur, dass es genau die Fakten sind, die dem Republik-Leser vorenthalten werden.

Ja, bedauerlich, das alles. Weil es vor allem die journalistische Glaubwürdigkeit der Republik ist, die mit Artikeln wie diesem auf der Strecke bleibt.
Beste Grüße aus Venedig, Petra Reski
P.S.: Ich hätte meinen Kommentar gerne auf der Kommentarseite veröffentlicht, aber der ist offenbar nur Abonnenten zugänglich. Auch schade. Von wegen „offene Gesellschaft, das freie Wort, der Wettbewerb der besten Argumente“.
Nachtrag: In der ursprünglichen Fassung dieses Blogposts war die Rede davon, dass es sich bei der Olivenbaumsorte Leccino um eine im Labor entwickelte Züchtung handelt. Tatsächlich handelt es sich bei der Sorte Leccino um eine sterile, in Apulien artfremde Sorte, sie stammt ursprünglich aus Mittelitalien und wird in Apulien seit maximal 30 Jahren zögerlich angebaut, weil ihr Öl im Verhältnis zu den einheimischen Sorten als minderwertig gilt. 

10 Kommentare

  1. Am Ende, nachdem ich mich wiederholt bei der „Republik“ protestierend zu Wort gemeldet hatte, wurde ich mit einem „Probeabo“ belohnt, das mir ermöglichte, einen Kommentar in den Kommentarspalten zu hinterlassen. Schade nur, dass der Artikel mit den verleumderischen Feststellungen über mich bis heute unverändert online steht, somit allen zugänglich ist, nicht aber die Kommentare. Deshalb hier auch mein Kommentar auf die Rechtfertigung des Autors, dem ja großer Raum eingeräumt wurde: „Es freut mich, dass sich nun auch der Autor zu Wort gemeldet hat. Schade nur, dass es auch in seiner Rechtfertigungsmail mit einer Mischung aus Ausflüchten, Verleumdungen und falschen Behauptungen weiter geht. Dadurch kommt eine große Hilflosigkeit zum Ausdruck, die sich nur allzu gut nachzuvollziehen lässte, wenn man bedenkt, dass es dem Autor bereits an einer wesentlichen Voraussetzung für die Recherche gebricht: Er spricht kein Italienisch, wie er in der Kontaktaufnahme zu Spazi popolari schreibt. Aber warum auch? Wir wissen doch alle, wie es in Italien zugeht oder nicht?

    Zu den Spazi popolari. Erst ist falsch, was der Autor schreibt: Er hat er nicht zwei „Vertreter*innen“ von Spazi Popolari getroffen, sondern einen, nämlich Ivano Gioffreda. Der hat ihn und den Fotografen keineswegs zu einem FS-17-Olivenhain gefahren, sondern zu dem Olivenhain einer schweizer-italienischen Familie (den Namen lasse ich aus Gründen der Privacy hier weg), wo kein einziger FS-17-Olivenbaum steht. Dort pflegt Ivano Gioffreda nicht drei, sondern 13 salentinische Olivenbäume, die zum Zeitpunkt des Besuchs voller Früchte hingen.Ivano Gioffreda ist – bis zum Beweis des Gegenteils Bauer. Was soll er sonst sein? Kunstflieger?

    Besagte schweizer-italienische Familie hat der Redaktion Republik bereits kurz nach dem Erscheinen des Artikels eine Mail geschickt, in der sie die einseitige Berichterstattung über die Xylella kritisiert (leider lässt sich dieser Leserbrief nirgendwo nachlesen. Transparenz?) – ohne zu ahnen, dass sich der Autor in seiner Rechtfertigungsmail auch noch zu der falschen Aussage hinreißen lässt, dass die Familie auf ihrem Grund die im Labor entwickelte Olivenart FS-17-Oliven anbaue. Eine Unterstellung, gegen die sich die Familie wehren wird.

    Von Mario Scortichinis Therapie ist in dem Artikel keine Rede, er verwendet auch keine „Bordeauxbrühe“, und die EFSA ist eine Behörde, die über die Lebensmittelsicherheit in Europa wacht und nicht darüber, welche Therapien eingesetzt werden können. Scortichini ist ein renommierter Bakteriologe der römischen Universität; er hat für die EFSA das Protokoll über den Nachweis der Feuerbakterie für die EU verfasst. Seine Therapie reduziert die Symptome der Krankheit und die Anzahl der Xylella-Bakterien in der Pflanze. Scortichini weist darauf hin, dass das Fällen der Olivenbäume die Xylella nicht an ihrer Verbreitung hindert. Einmal eingeschleppt, bleibt das Bakterium präsent. Damit ist er sich einig mit allen führenden Xylella-Experten weltweit.

    Was das Kupfer betrifft, so ist es eine Binse festzustellen, dass es sich um ein Schwermetall handelt. Es geht immer um die Verhältnismäßigkeit. Was das Glyphosat betrifft, so hätte es die Leser der Republik sicher auch interessiert, dass es zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten gibt, die aufzeigen, wie Glyphosat Pflanzenkrankheiten auslöst. Das kann der Autor sogar bei Gelegenheit ergoogeln, kleiner Tipp: „Glyphosate“ und „diseases of plants“ eingeben. Ganz heißer Tipp: Yamada et alii 2009. Oder: Altmann J. und Campbell C.L. 1977

    Die Geografin Margherita Ciervo forscht mit systemischem Ansatz und hat sich als solche mit dem Vertrocknen der Olivenbäume beschäftigt. Denn bei den vertrockneten Olivenbäumen geht es nicht nur um Landwirtschaft, sondern auch um Ökologie, Landschaftspflege, Gesundheit und Wirtschaft. Margherita D’Amico ist Biologin und Pflanzenpathologin. Und falls der Autor die Untersuchung von Ciervo gelesen haben sollte, wird er festgestellt haben, dass sie nicht allein Margherita D’Amico dankt.

    Zu den „seriösen Medien“, in denen ich über die Feuerbakterie berichtet habe, zählt er wundersamer Weise nur Focus, nicht aber GEO (4/2015) auch nicht die ZEIT (DIE ZEIT Nr. 26/2015) und auch nicht Mare (mare no.124/2017). Aber gut. War eben die Paywall im Weg. Ich habe an keiner Stelle die Existenz der Feuerbakterie geleugnet, ich habe lediglich Zweifel an der monokausalen Erklärung angedeutet. Die einzige Sicherheit besteht bis heute darin: Ohne Feuerbakterie fließen keine EU-Gelder, vor allem nicht für die Forschung genmanipulierter und damit patentrechtlich geschützter Sorten.

    Was das Fällen der Bäume betrifft, so sind diese Maßnahmen nach wie vor in Kraft, genau wie der massive Einsatz von Insektiziden, 4,2 Millionen Liter für 700 000 Hektar Land, die jedes Jahr von Mai bis Dezember eingesetzt werden müssen, einschließlich der von der EU verbotenen Neonicotinoide.

    Zum Schluss möchte ich den Autor noch trösten: Ich pflege meine Zeit nicht damit zu verschwenden, Journalisten auf ihre lückenhafte und einseitige Berichterstattung hinzuweisen. Eine Ausnahme mache ich nur, wenn ich diffamiert werde. Was glücklicherweise nicht so oft vorkommt. Ansonsten nehme ich lediglich zur Kenntnis, dass einige Journalisten eben die Interessen einer industrialisierten Landwirtschaft vertreten. Das ist auch völlig legitim, wenn sie denn deutlich machen, dass sie keinen Journalismus machen, sondern Lobbyarbeit.“

    Was die Republik betrifft, so gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass es in einer hoffentlich nicht allzu fernen Zukunft einen Artikel geben wird, der mit einem Vorspann in der Art wie:

    Es war einst eine italienische Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Bis die Bilder von den vertrockneten Olivenbäumen um die Welt gingen. Es folgte ein internationaler Aufschrei über die Killerbakterie, die als verantwortlich für die Zerstörung dieser Landschaft bezeichnet wurde. Aber was, wenn die Geschichte nie gestimmt hat?

  2. Die Oliven vertrocknen aus einer Reihe von Gründen. Aufgrund eines italienischen Gesetzes sind die apulischen Forscher exklusiv beauftragt worden, was schon eine Einschränkung darstellt, weil es die Freiheit der Forschung einschränkt. Anfangs sprachen sie von Co.Di.Ro (Olivenbaumschnellvertrocknungskomplex), verursacht durch die Anwesenheit vieler Krankheitserreger einschließlich gefährlicher Holzpilze. Dann, nur wenige Wochen später, sprachen die Forscher ohne jede wissenschaftliche Basis, also ohne Forschungsergebnisse, die sich den wissenschaftlichen Mindeststandards einer unabhängigen peer review unterzogen haben, nur noch von Xylella. Sie sprachen von „Millionen durch das Bakterium infizierten Pflanzen“, ohne dass sie JEMALS Millionen von Tests im Laboratorium durchgeführt hätten, wie es das Gesetz verlangt (wie es der Artikel 4 des Dekrets des Landwirtschaftsministers Martina). Sie reisten durch ganz Europa, um ihre Wahrheit zu verbreiten, sie redeten von Millionen infizierten Pflanzen, wobei sie das Vertrocknen stets mit der Präsenz des Bakteriums vermengten – ohne dafür in den Laboratorien JEMALS Beweise für jene angeblich Millionen infizierter Pflanzen vorzulegen.
    In der parlamentarischen Anhörung der Landwirtschaftskommission hat ein apulischer Forscher gesagt, dass erst im Dezember 2017 eine wissenschaftliche Publikation nach den Maßstäben der peer-review vorgelegt wurde, nach vier (!) Jahren. Aber ein Teil der Wissenschaftswelt bestreitet bis heute die Relevanz dieser Veröffentlichung, weil sie nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht wurde. Das ist nur ein Aspekt. Die Bürger haben das verstanden und haben dagegen protestiert.
    Warum verschweigt die Republik.ch, dass die apulischen Bürger im dritten Bericht über die Agromafia nicht als Verschwörer oder Gurus bezeichnet werden, sondern als „Umweltschützer“? Die Bürgerinitiative des Volks der Oliven entstand Ende März 2015 und im April wurde die ganze Provinz Lecce zum „infizierten Gebiet“ erklärt (auch wenn der Anteil an positiven Pflanzen aus weniger als 3 Prozent besteht!)
    Die erste Berufungsinstanz am nationalen Verwaltungsgericht wurde im Oktober angenommen und die Staatsanwaltschaft Lecce hat im Dezember 2015 eingegriffen. Worin soll die Verantwortung der Bürger bestehen, wenn die gesamte Provinz Lecce nach wenigen Wochen zum infizierten Bereich erklärt wird? Warum ist in dem Artikel keine Rede von den wilden Beschneidungen, die von dem apulischen Pflanzenschutzinstitut zu einem für Beschneidungen kritischen Zeitpunkt verlangt wurden, die das Vertrocknen von zehntausenden von Olivenbäumen zur Folge gehabt haben könnten?
    Viele der im Salento vertrockneten Pflanzen können aufgrund verschiedener Faktoren vertrocknet sein, darunter Pilze als Krankheitserreger: Warum wurden dazu keine Untersuchungen gemacht?
    Um zu beweisen, dass eine Pflanze von der Xylella befallen ist, sind mindestens zwei Labortests vonnöten. Wer von Millionen vertrockneter Pflanzen spricht und nicht Millionen von positiven Labortests vorlegt, begeht ein Verbrechen! Das sagt das Gesetz und die internationale Forschungspraxis. Die Bürger haben stets verlangt, mehrere Forschungszentren einzubeziehen, auch weltweit, ihnen aber wurde dieser Weg immer versperrt. Die Bürger sind nicht gegen die Wissenschaft, sondern gegen eine auf sich selbst bezogene Wissenschaft, die den wissenschaftlichen Austausch scheut.
    Der Artikel der Republik.ch enthält viele Ungenauigkeiten und viele grundlose Beschuldigungen. Man hätte der Geschichte auf den Grund gehen können und ohne Vorurteile berichten können.

  3. Es ist mir tatsächlich auch aufgefallen, dass die Bewegung der „Spazi popolari“* irgendwie erwähnt wird, aber man nicht so recht weiss, was das für Leute sind, und werden ein wenig als dumm hingestellt. Ihre Kritik an diesem Republik-Artikel ist berechtigt. Er erscheint mir jetzt als achtlos gegenüber den Menschen die alternative Methoden ausserhalb Labors praktizieren.
    In der Schweiz gabe es 2008 eine Bewegung gegen die sogenannten Blauzungenimpfungen, diese war im Kanton Graubünden stark vertreten, allerdings gab es nur gerade ein Bauer und eine Bäuerin die sich aktiv widersetzten. Die meisten Bauern fügten sich. Eines der Argumente der Gegner war, die Pharmaindustrie sei einer der Hauptprotagonisten dieser Kampagne. Anbetracht der Anzahl Rinder und Kühe die geimpft werden mussten, klein schlechtes Argument. Tatsächlich waren meiner Meinung nach aber ein paar verantwortliche Herren in der Bundesbürokratie einfach unter Verantwortungsdruck. Es gab wenig Informationen über den Virus.
    Möglich, dass auch in Italien der Staat ein Fällen aller kranken Bäume einmal durchsetzen will, und wer sich weigert, kriminalisiert wird.

  4. Danke Petra für deine Arbeit. Für mich ist diese ganze Geschichte das erste Mal in meinem Leben, dass ich direkt mit der Macht der Agroindustrie (Bayer, Monsanto, …) konfrontiert bin. Ich lebe ja mit meiner Familie in Ostuni, also direkt in dem Gürtel, der die strengsten Restriktionen in Bezug auf das Feuerbakterium hat. Die ganze Monströsität dieses Projektes wird dir erst klar wenn du tiefer in die Materie einsteigst. Aber es gibt viele Beispiele in der Industriegeschichte in denen wir es mit dieser Art von Monströsität zu tun haben…

  5. Als Republik-Abonnent (der sein Abo nicht mehr verlängern wird), bin ich sehr froh, dass ich diesen Gegentext noch gelesen habe. Offenbar wurde – einmal mehr – nicht so gründlich recherchiert bei der Republik, sondern einfach die Meldungen der glaubwürdigsten zu diesem Thema zusammengepanscht und die Gegenmeinung als irrlichterne Verschwörungstheorie denunziert. Investigativer Journalismus sieht anders aus.

  6. Leider nicht sehr gelungen, die Replik von Petra Reski:

    “[…] wo diejenigen, die im Salento Widerstand leisten, lediglich als Verschwörungstheoretiker diskreditiert werden, genau wie Impfgegner oder Amerikaner, die Trump gewählt haben.”

    Wer sich freiwillig mit Impfgegnern und Trump-Wählern in eine Opfergemeinschaft begibt, um zu unterstreichen, dass man unfair behandelt wird, kann bei mir nicht punkten.

    Und dann lese ich nur noch, Bari sei böse.

    1. Mal abgesehen davon, dass wir hier nicht bei der Notenvergabe für den schönsten Aufsatz sind, muss man schon böswillig sein, um eine solche Unterstellung zu machen. Medien, die sich wie die Republik die Ethik des Journalismus auf die Fahnen geschrieben haben, müssen sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen. Und eine einseitige und geringschätzige Berichterstattung wie die im besagten Artikel „Malattia“ ist ihrer unwürdig. Die Menschen, die im Salento gegen die Zerstörung ihrer Heimat und Identität kämpfen, werden diffamiert. Es geht hier um Fakten, nicht um gut oder böse. Aber die passen eben nicht ins Bild, wenn man statt Information Propaganda liefern will.

    2. Zum Bedauern von Herrn Liechti leben wir nicht im Roman „1984“ von Orwell.
      Information ist etwas, das allen zugänglich sein muss und nicht wie in einer Diktatur „von oben“ vorgegeben wird.
      Jeder Leser hat die Aufgabe, seinen kritischen Verstand zu nutzen, um selbst richtig von falsch zu unterscheiden, auch indem er selbst nach weiteren Informationsquellen sucht.
      Oder ist es in der Schweiz nicht mehr so?

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