„Böse Musik“ und die Mafia in Deutschland.

Über Francesco Sbano habe ich in meinen Artikeln, Büchern und in diesem Blog schon öfter geschrieben. Hier ein offener Brief von Mafia? Nein Danke! e.V., den auch ich unterschrieben habe:

Das Haus der Kulturen der Welt in Berlin veranstaltet diesen Sonntag einen Vortrag und eine Podiumsdiskussion mit dem Hamburger Fotografen Francesco Sbano. Der gebürtige Kalabrier ist umstritten. Viele, darunter auch wir, sehen in ihm einen Promotoren der Mafia-Organisationen, weil er in der Vergangenheit durch eine zutiefst unkritische, wenn nicht gar relativierende Haltung gegenüber den italienischen Mafien aufgefallen ist. Mafia? Nein Danke e.V. hat einen offenen Brief an die Intendanz des Haus der Kulturen der Welt verfasst, um dagegen zu protestieren, dass Sbano ein Forum gegeben wird. 

Hier der Wortlaut:

An

Herrn Prof. Dr. Bernd M. Scherer Intendant des Haus der Kulturen der Welt

Den Förderern des Haus der Kulturen der Welt zur Kenntnis:

Herrn Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen
Herrn Bernd Neumann, Beauftragter der Bundesregierung für Medien und Kultur

Das Haus der Kulturen der Welt veranstaltet am Sonntag, den 27.10.2013, einen Vortrag und eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Musik der Mafia“. Die Veranstalter haben dafür den kalabrischen Fotografen Francesco Sbano als Referenten engagiert, der in den vergangenen Jahren Sammlungen mit Liedern der Mafia veröffentlicht hat. Wir kritisieren diese Entscheidung auf das Schärfste und möchten Ihnen im Folgenden unsere Argumente darlegen.

Francesco Sbano ließ bisher jede kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der italienischen Mafiaorganisationen vermissen, von einer Distanzierung ganz zu schweigen. Zum wiederholten Male verharmlost und glorifiziert er die kriminelle Existenz der Gruppen und argumentiert rechtfertigend. Er redet nur über die Täter und blendet die Opfer der italienischen Mafiagruppen konsequent aus. Dies ist angesichts des massiven Leids und der immensen Gefahren, die das Erstarken der italienischen Mafia-Organisationen für die rechtsstaatliche Ordnung, für das Funktionieren von Wirtschaftsordnungen und für die Funktionsfähigkeit des politischen Systems und damit der Demokratie mit sich bringt, nicht zu tolerieren.

Sbano gibt beispielsweise Texten wie diesem Lied über das Mafia-Attentat auf den General Carlo Alberto Dalla Chiesa im Jahr 1982 ein Forum: »Getötet ist der General / Ihm blieb nicht einmal Zeit für das letzte Gebet / So schnell wurde er in das Paradies gebracht / Die Mafia ist ein kriminelles Gesetz / Sie lässt dich in Ruhe, wenn sie es will / aber wenn Du hier herumstocherst/ Dann beginnt sie zu agieren.« Indem er solche Texte ohne Kommentierung im Raum stehen lässt, duldet er die Verhöhnung dieses aufrechten, vorbildhaften und pflichtbewussten Militärpolizisten, der angetreten war, die Mafia in Palermo zu bekämpfen, um das Morden auf Sizilien zu stoppen.

Indem das Haus der Kulturen der Welt der Kritiklosigkeit Sbanos eine Plattform bietet, macht es sich gemein mit der von ihm betriebenen Relativierung der Mafia-Aktivitäten, die längst nicht nur den italienischen Staat in seiner Existenz gefährden, sondern auch Staaten und Volkswirtschaften auf der ganzen Welt.

Indem das Haus der Kulturen der Welt eine einseitige Perspektive proklamiert, vergibt es die Chance, all die Bewegungen, die seit Jahren auf die aus der Organisierten Kriminalität erwachsenden Gefahren hinweisen, in ihrem Tun zu unterstützen.

Indem das Haus der Kulturen der Welt einer simplifizierten Sicht der Mafia-Organisationen Vorschub leistet, verabschiedet es sich von einem aufklärerischen Impetus, der einer solch herausgehobenen

Institution zu eigen sein sollte. Dies kann weder im Interesse der Institution selbst, noch im Interesse Ihrer Förderer sein.

Mit freundlichen Grüßen,

 

Sandro Mattioli, Vorsitzender Mafia? Nein Danke! e.V., Berlin

Bernd Finger, Leitender Kriminaldirektor a.D., ehem. Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalität im LKA Berlin

Laura Garavini, Ehrenvorsitzende Mafia? Nein Danke! e.V., Berlin, und Mitglied der Anti-Mafia-Kommission des italienischen Parlaments,

Sonia Alfano, Europarlamentarierin und Vorsitzende des Sonderausschusses CRIM des EU-Parlaments gegen gegen organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche des Europaparlaments

Petra Reski, Autorin

Francesca Viscone, Schriftstellerin 

Benno Plassmann, 1. Vorsitzender Echolot e.V.

Claudio La Camera, Osservatorio sulla ‘Ndrangheta (Reggio Calabria, Italia)

 

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