Nachrichten aus dem Wahlkampf in der Gummizelle (notizie della campagna elettorale nella cella imbottita)

Gestern Abend bin ich im Angesicht von Berlusconi eingeschlafen, der seine Wähler mit der Abschaffung einer Kraftfahrzeugsteuer lockte. Es ist das fünfte Mal, dass ich Berlusconi im Wahlkampf erlebe. Es ist die ewige Wiederkehr des Nichts. Oder, um das vielstrapazierte Tommasi di Lampedusa-Zitat aus dem „Leoparden“ zu bemühen: Alles muss geändert werden, damit es bleibt wie es ist.

Veltroni griff Berlusconi nicht wegen seines Interessenkonflikts an (größter Medienunternehmer des Landes und Politiker gleichzeitig zu sein), und Berlusconi ersparte sich gröbsten Antikommunismus. Veltroni versprach seiner linken Anhängerschaft, was sie sich wünscht, Berlusconi versprach seiner rechten Anhängerschaft, was sie sich wünscht. Und Beppe Grillo veröffentlichte eine Liste von 100 Parlamentariern, gegen die ermittelt wird, die vorbestraft sind oder deren Verbrechen verjährt sind. Unter dem Titel: „Wenn Du sie kennst, gehe ihnen aus dem Weg“.

Und als ich heute morgen aufwachte, meldete mein Lieblingsradiosender Radio Capital, dass die Staatsanwaltschaft von Reggio Calabria bereits wegen Wahlfälschung ermittele. Die einzigen, die schon gewählt haben, sind die Auslandsitaliener – und genau um deren Stimmen handele es sich: Ermittler hätten ein Telefongespräch zwischen einem kalabresischen Geschäftsmann, der in Venezuela lebt und einem Clan in Kalabrien nahesteht und besagtem Marcello Dell’Utri abgehört, dem (ja, man kann es nicht oft genug betonen) Weggefährten Berlusconis, Forza-Italia Gründer, Senator, Europaparlamentarier und wegen Unterstützung der Mafia erstinstanzlich zu neun Jahren Haft Verurteilten. Der Kalabrese habe Marcello Dell’Utri 50 000 Stimmen gegen das vergleichsweise geringe Entgelt von 200 000 Euro angeboten, plus zukünftiges Entgegenkommen, was die Revision von Mafiaprozessen und die Hochsicherheitshaft für Mafiosi betrifft. Die 50 000 Stimmen der Auslandsitaliener seien die Stimmen von in Lateinamerika lebenden Sizilianern gewesen.

Marcello Dell’Utri entgegnete daraufhin, dass er den kalabresischen Geschäftsmann sehr wohl kenne, ihm aber nie begegnet sei. Und außerdem handele sich wohl nur um den üblichen Wahlkampfwirbel, den er nicht ernst nehmen könne.

Damit endete der Wahlkampf in Italien. Ein Wahlkampf, der nicht in einem Land, sondern in einer Gummizelle stattfand.

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