Venedig – Stadt der Leser II

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Das ist ein Plan von Venedig – mit den noch existierenden Buchhandlungen (Punkt) und den 14 bereits geschlossenen (Kreuz). 139 in Venedig lebende Autoren und Illustratoren haben sich zusammengeschlossen, um gegen die bevorstehende Schließung von vier weiteren Buchhandlungen (unter anderem der Goldoni) zu protestieren – denn die venezianischen Buchhandlungen leiden nicht nur unter der Konkurrenz des online-Buchhandels, sondern auch unter dem „touristischen Fundamentalismus“ (wunderbares Wort. Copyright: der venezianische Schriftsteller Tiziano Scarpa) – dem hier alles untergeordnet wird.

Deshalb war die heutige Protestaktion der venezianischen Schriftsteller und Illustratoren nicht lediglich ein Protest in eigener Sache – als ob Blumenzüchter gegen die Schließung von Blumenläden protestieren würden –  sondern vor allem ein Aufbegehren der Venezianer. Ein Lebenszeichen. Ein Aufmucken. Dagegen, dass man hier stark gegen Schwache und schwach gegenüber Starken ist. Dagegen, dass auf den „freien Markt“ verwiesen wird, wenn man die Frage stellt, warum es nicht möglich ist, in jedem Stadtviertel dafür zu sorgen, dass es eine Grundversorgung gibt: ein Gemüsehändler, ein Fleischer, ein Lebensmittelhändler – und, warum nicht auch eine Buchhandlung.

Während wir die Protestaktion vorbereitet haben, wurde der Buchhandlung Marco Polo eine Geldstrafe von 1000 Euro auferlegt – weil sie ein Veranstaltungsplakat aufgehängt hat, ohne zuvor die dafür nötige Genehmigung beantragt zu haben. Es ist das Denkmalschutzamt, das sich um die Schönheit Venedigs sorgt, die nicht durch Veranstaltungsplakate verunstaltet  werden soll. Eigentümlich ist  nur, dass ein zwei Din-a-4-Blätter kleines Veranstaltungsplakat einer Buchhandlung stört – und nicht die  schwimmbeckengroßen Werbeplakate auf dem Markusplatz, der Seufzerbrücke (hier wurde bis vor kurzem für Einbauküchen geworben) oder wo auch immer in Venedig ein Gerüst hängt, auf dem ein Werbeplakat angebracht werden kann. Mit denen die Stadt  sehr viel Geld einnimmt.

Natürlich, die Gesetze müssen respektiert werden. Aber welches Gesetz erlaubt, dass ein Renaissance-Gebäude wie die deutsche Handelsniederlassung Fondaco dei Tedeschi in ein riesiges Benetton-Einkaufszentrum samt Rolltreppen verhext werden darf?  Welches Gesetz sah den Bau einer Brücke aus öffentlichen Geldern vor, die keinen anderen Zweck erfüllt, als den zu erwartenden Besucherstrom direkt in ein weiteres (Benetton-eigenes) Einkaufszentrum umzuleiten?

Fragen über Fragen.

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