Scheißland

 

Auf der Flucht vor der Wirklichkeit und eingedenk der Erniedrigung von gestern stand ich heute morgen schon sehr früh Schlange – dieses Mal für Cronenbergs „A Dangerous Method“: nach dem romantischen und dem Polit-Drama nun also das Psychiater-Drama – und las die neuesten Abhörprotokolle in der italienischen Presse. In denen B. Italien ein „Scheißland“ nannte. Aus dem er bald verschwinden werde. Die Staatsanwälte (kommunistisch) könnten ihm nicht mehr vorwerfen, als dass er ficke.

Die Staatsanwälte hatten B. abgehört, weil er mittlerweile von so vielen guten Freunden erpresst wird, von Hürchen und Tunten, von Mafiosi, Zahnhygienikerinnen und den Kumpels seiner Geheimlogen – nach der P2 die P3 und P4 – dass B. von seinen Gegnern inzwischen nicht mehr Psychozwerg, sondern voller Mitleid Silviomat genannt wird.

Während der 99 Minuten im Kino hatte ich Gelegenheit, über den letzten Ausfall des Silviomats nachzudenken. Was naheliegend ist, in einem Film, in dem ziemlich viel von Defäkieren, Sex und analen Phasen geredet wird. Der Cronenberg-Film wird übrigens bereits als Favorit gehandelt, heißt es. Würde mich nicht wundern, denn Kiera Knightley reckte den ganzen Film über so angestrengt zitternd ihren Unterkiefer nach vorn, dass allein diese Leistung gewürdigt gehört.

Scheißland. Ich denke, dass weder Freud noch Jung B. als Patienten akzeptiert hätten. Sein Unterbewusstsein wäre ihnen einfach zu dürftig gewesen: Wie banal! Was für minderwertige Neurosen haben Sie denn! Dritte-Wahl-Neurosen!, hätten Freund und Jung zu B. gesagt und ihn wieder nach Hause geschickt. So etwas kuriert Ihnen doch jeder Hausmeister!

 

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