In diesen Tagen erscheint „Mafia“ nicht nur in Italien, sondern auch in Polen. Newsweek hat darüber berichtet. Die einzigen Worte, die ich in dem Artikel verstanden habe, waren „Blondynka“ und „Mafii“. (Im Polnischen wird alles rücksichtslos durchdekliniert. Sogar die Mafia.)
Danke Ewa – das ist ganz wunderbar übersetzt! Endlich konnte ich die wunderbare Überschrift verstehen, eine Blondine gegen die Mafia!
Grazie, la Blondynka
Es ist zwar schon lange her, aber viell. ist fuer Sie immer noch interessant, was die Polen schreiben! Unten die selbst gebastelte Ueberseztung:
Eine Blondine gegen die Mafia
Die italienische Mafia ist nicht nur ein Problem der Italiener. Ihre Grenzen reichen bis zur Nordsee – warnt die deutsche Autorin, Petra Reski.
Von dem Italiener Roberto Saviano hörte die ganze Welt. Sein Buch „Gomorra“, das die Kulissen der neapolitanischen Mafia aufzeigt, wurde zum Weltbestseller. Der Autor lebt mittlerweile im Untergrund, da die Mafiosi über ihn bereits ein Urteil gesprochen haben. Die Deutschen haben nun auch ihre Saviano. Die Journalistin Petra Reski, die seit ca. 20 Jahren in Venedig lebt, hat im September letzten Jahres ein Buch mit dem Titel „Mafia“ veröffentlicht. Seitdem bekommt sie regelmäßig Drohungen und ihre Lesungen finden nur unter Polizeiaufsicht statt.
Ist ihr Leben genauso gefährdet, wie das von Saviano?
„So aktuell, suggestiv und bunt hat keiner bis jetzt über die Mafia in Deutschland geschrieben“ – kommentiert FAZ den Schreibstil von Petra Reski. Ihr Buch, das gerade in Polen veröffentlicht wurde, liest man wie einen guten Thriller. Ein Roman über Mörder, die sich bereits vor dem Urteil verabschieden,(gemeint: bevor das Urteil faellt, die verabschieden sich schon) über Priester, die zur Mafia Kontakte pflegen und über Frauen, die in einer organisierten Kriminalität keine geringere Rolle spielen als die Männer. All dies, ohne Pathos und sehr detailliert, geschrieben. Reski durchblätterte Tausende von Presseartikeln; kam an Ermittlungsunterlagen und sprach persönlich mit den Mafiosis? Sie war sogar auf der Hochzeit von Franco Marasa und Rosalba di Gregorio – den berühmten Anwälten der sizilianischen Mafia.
Es kam ganz zufällig, dass sie anfing, sich für die Mafia zu interessieren.
„Noch als Studentin las ich den „Paten“, stieg in meinen alten Renault und fuhr nach Corleone, auf Sizilien“- erinnert sich Reski selber in einem Gespräch mit NEWSWEEK. Später reiste sie in andere Orte der Mafia. Auf diese Art und Weise wurde eine Autorin, die früher für Cosmopolitan und Playboy geschrieben hat, zur besten Mafiaspezialistin unter den deutschen Journalisten.
In Deutschland glaubt man immer noch, dass die Mafia nur ein Problem in Süditalien sei.“Das ist sehr irrefuehrend“- sagt Reski. Die italienische Mafia herrscht bereits seit den 80er Jahren in Deutschland – Drogen- und Waffenhandel, Entführungen und Erpressungen. Die Angestellten und lokalen Politiker werden regelmässig bestochen und insgeheim wird Geldwäsche betrieben. Mafia-Mitglieder, über die das Gefängnisurteil hängt, verstecken sich sehr oft im Rheingebiet.
90 % der italienischen Restaurants zahlen Schutzgeld – meint Dagobert Lindlau, ein ehemaliger ARD Journalist und Mafiaspezialist. Die deutsche Staatsanwaltschaft rechnet damit, dass die Ndrangheta, die kalabrische Mafia, in Deutschland über 300 Pizzerien kontrolliert. Sie investiert immer öfter in Hotels, Gasthäuser und Restaurants an der Nordsee und weiß auch, die EU Zuschüsse auszunutzen.
Ndrangheta’s Uhrheimat ist in Deutschland das Ruhrgebiet, wo vor Jahrzehnten ganz viele Gastarbeiter ihren zweiten Wohnsitz gefunden haben. Heutzutage trifft man die Mafiosis auch in der ehemaligen DDR. Aus allen italienischen Mafiaorganisationen entwickelte ausgerechnet die Ndrangheta die besten Strukturen. Jenseits der Oder sind auch die neapolitanische Camorra oder sizilischen Cosa Nostra und Stidda aktiv – liest man in dem neuesten Bericht des BKA (Bundeskriminalamt) unter dem Titel „ Die organisierte Kriminalität“.
„In Deutschland leben ca. 30 Mafiamörder mit einer falschen Identität“- schätzt Jürgen Roth, Autor von “Mafialand Deutschland“.
„Manche arbeiten als Köche oder Kellner in den deutschen Restaurants“ – sagt er. In den letzten zehn Jahren wurden ca. 70 Personen vernommen, die unter dem Verdacht der Mafiazugehörigkeit standen. Unter ihnen befanden sich auch ganz wichtige Mafiabosse.
In Mai 1990 wurde Giorgio Basile am Keptemer Bahnhof (Bayern) festgenommen- bekannt als „Engelsgesicht“. Der 49-jährige Basile ist Sohn von Gastarbeitern, die sich vor Jahrzehnten im Ruhrgebiet angesiedelt haben. Seine Mutter hatte eine Affäre mit Antonio de Cicco, dem Ndrangheta Boss in Corigliano. De Cicco wurde auf den kleinen Giorgio aufmerksam und nahm ihn unter seine Obhut.
Giorgios Leben hat sich schnell verändert – gutes Essen, schöne Frauen, schnelle Autos. Basile begann als Cicca’s Fahrer und im Laufe der Zeit tötete er auf Befehl der Mafia ca. 30 Menschen- unterdessen auch seinen ehemaligen Betreuer.
„Es ist schwieriger für mich einem Tier wehzutun, als einem Menschen“ – sagte er einmal nach Jahren. Nach seinen Aussagen als Kronzeuge wurden viele Mafiosis verhaftet.
Josepf Focoso schlief, als im September 2009 die deutsche Polizei kam und ihn festnahm. In Italien wurde er anschließend zu einer lebenslangen Strafe verurteilt, da er an acht Mordfällen beteiligt war. Er handelte skrupellos: Ein 12-jähriger wurde von ihm entführt und ermordet, nachdem sein Vater gegen die Mafia ausgesagt hatte. Jahrelang lebte er mit seiner Frau und seinen Kindern im Versteck bei den Eltern im Saarland, Westdeutschland. Die italienischen Fahnder hörten seine Telefongespräche mit Verwandten ab, so dass sie seinen Wohnort feststellen konnten. Die deutsche Justiz verlangte jedoch immer wieder neue Beweise, was die Verhaftung schwieriger gestaltete.
Die italienische Gesetzgebung hingegen ist strenger. Ein Mafiaverdächtiger muss beweisen, dass sein Vermögen aus legalen Quellen stammt. In Deutschland werden einem Kellner, der 1000 Euro monatlich verdient und massenweise Immobilien kauft, keine Fragen gestellt. Die Mafiazugehörigkeit ist in Deutschland nicht strafbar und die Fahnder dürfen nicht immer, wie in Italien, die Verdächtigen abhören. Kein Wunder, dass die italienischen Bosse aus dem sonnigen Italien ihre Geschäfte in Deutschland machen.
Das Massaker vom August 2007 im Zentrum von Duisburg war für die meisten eine böse Überraschung. In der sehr gut besuchten Pizzeria Da Bruno feierte eine Gruppe von Italienern den 18-ten Geburtstag eines Angestellten. Die Feier endete kurz nach zwei Uhr morgens. Die Gäste- sechs Männer im Alter von 16 bis 38 Jahren stiegen in zwei Wagen. In demselben Moment wurden sie von mehreren Schüssen angegriffen. Keiner von ihnen überlebte. Laut der Polizei gehörte dieser Vorfall zu dem langjährigen Kampf zwischen zwei Familienclans aus Kalabrien. Die Opfer kamen aus San Luca, einem Ort nicht weniger bekannt als Corleone. Das Massaker zwang die Fahnder zum Handeln. Im Dezember 2007 bildeten die BKA und die italienische Kriminalpolizei eine gemeinsame Gruppe zur Mafiabekämpfung. Die internationale Kooperation wurde in kurzer Zeit sehr erfolgreich. Im März diesen Jahres wurde in Amsterdam der 30-jährige Giovanni Strangio festgenommen, der als Hauptverdächtige des Duisburger Massakers gilt. In seiner Wohnung hat man Waffen, gefälschte Dokumente und eine Million Euro in bar gefunden. Bereits vier Monate zuvor wurde Giuseppe Nirta verhaftet, der ebenso an dem Massaker beteiligt sein soll. Auch er suchte ein Versteck in Holland.
Der Schock nach den Duisburger Ereignissen war schnell vorbei – beschwert sich Petra Reski. Sie gibt nicht nach und will immer alles wissen und aufschreiben. Ihre Neugier bereitet ihr jedoch Probleme. So wurde sie sowohl in Corleone als auch in San Luca bedroht -ein weiteres Mal im November letzten Jahres, während ihrer Lesung in Erfurt. In den Saal kamen einige Italiener, die offensichtlich die Ruhe stören wollten. „All dies sind Märchen“ – sagten sie zu ihrem Buch. Einer von ihnen ging sogar einen Schritt weiter: „ Ich bewundere Ihren Mut, ich bewundere wirklich Ihren Mut“ – sagte er mit Ironie in der Stimme. In der Mafiasprache heißt dies: „Pass auf, leg dich nicht mit uns an!“. Dieses Abschreckungsmanöver zeigt, wie sicher sich die Ndrangheta in Deutschland fühlt -kommentiert Reski.
Die Mafia reagiert ganz schnell, sobald jemand ihren Geschäften nachlaufen will. Die übliche Strategie sind die Gerichtprozesse gegen den übermütigen Autor. In Deutschland wurde das Buch z.B. mit schwarz zensierten Stellen veröffentlicht und in der polnischen Ausgabe wurden zwei Kapitel weggelassen.
Die Journalistin wiederholt immer wieder, dass sie sich nicht einschüchtern lässt. „ Ich habe mein Leben nicht geändert“ – sagt sie. Sie tritt immer noch in der Öffentlichkeit auf, obwohl dies mit der Polizei abgesprochen werden muss. „Die Angst – das ist das größte Kapital der Mafia“ – fügt sie hinzu. Giovanni Falcone, ein italienischer Staatsanwalt, der 1992 durch Cosa Nostra ermordet wurde, sagte einmal: „ Die Mafia würden wir innerhalb von vier Wochen zunichte machen, wenn wir vier Wochen lang keine Angst zeigen würden“.