Als ich gestern morgen mit meiner Freundin Patrizia vom Kaffeetrinken am Campo Fantin kam, fiel mich eine Frau an, eine alte Dame, die so empört den Kopf schüttelte, als sie mich sah, dass ihre Brille fast von der Nasenspitze rutschte.
Nein, nein, nein, das geht nicht!, rief sie und zerrte an meinem Arm.
Was geht nicht, Signora?, fragte ich.
Ihre Beine, die sind zu lang!, rief die alte Dame aufgebracht.
Ich blickte an mir herab. Ich trug Jeans, relativ neue Guess-Jeans. Zigarettenform, nichts Besonderes. Ich trug keine Hüfthosen, kein Hirschgeweih, nichts. Nicht mal hohe Absätze.
Wenn man solche Beine hat, dann muss man weite Hosen tragen, rief die alte Dame.
Aber warum denn, sagte Patrizia, als Frau eines Polizeikommandanten immer auf Ausgleich bedacht. Enge Jeans sind modern.
Aber sie sind nicht schicklich, sagte die alte Dame.
Das ist doch Unsinn, Signora, sagte Patrizia.
Das ist die Wahrheit, sagte die alte Dame.
Und ich sagte: Tja. Und erinnerte mich an ein Foto, das mich als Zehnjährige auf Mallorca zeigt, und auf dem man von mir nichts anderes sieht als Beine, die in die Unendlichkeit ragten, Beine, die aussahen, als gehörten sie einem Flamingo oder einem Fohlen, Beine, die meine ganze Kindheit überschatteten. Bis gestern war ich davon überzeugt, dass sich das verwachsen hätte.
Haben Sie sich nicht im Spiegel angeguckt?, fragte die alte Dame.
Doch, sagte ich.
Also, sagte sie triumphierend. Und rief wieder: Nein, nein, nein, so geht das nicht!
Weil offenbar keine Einigung zu erzielen war, zog mich die Frau des Kommandanten schließlich weiter. Und ich dachte: Solange man hier wegen zu enger Jeans angefallen werden kann, ist Italien vielleicht doch noch nicht verloren.