Schwarmintelligenz

Ja, jede Menge Glauben auf dem Filmfest. Extreme Zeiten machen offenbar extreme Lösungen erforderlich. Entfesselte Katholikinnen, Sektengurus, Orthodoxe – da durfte die Mystik nicht fehlen. Kam mit The Wonder, des hochgelobten Cannes-Gewinners Terence MalickQuälend lange Gottsuche. Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, was ich schlimmer finde: Frauen, die sich Erde oder die Bartstoppeln ihres Mannes in den Mund stecken oder Frauen, die Baumknospen küssen, ständig herumhüpfen und mit Schleiern spielen? Als Javier Bardem als Priester auftrat, hatte ich ja noch die Hoffnung, dass sie sich jetzt in den Priester verlieben würde, wenigstens das. Aber nichts. Sie hüpfte weiter.

In dem Saal, in dem ich den Film gesehen habe, wurde am Ende gepfiffen und gebuht. Im anderen Saal, zwei Stunden später, wurde geklatscht. So viel zur Schwarmintelligenz.

Und dann heute Morgen: Après Mai. Es geht um die Zeit danach, Anfang der Siebziger. Die wirklich deprimierend war. Die Frage ist, ob man das ganze Deprimierende, das Nuscheln, die lahmen Jungs, die betäubten Mädchen, das Bloß-keine-Entscheidung-treffen, die grob gewebten Taschen, die Matrizen und die curryfarbenen Samtsofas der großbürgerlichen Wohnungen noch mal sehen will.

Ich nicht.