4 Kommentare

  1. Es waren vor allem die Italiener, die im Ausland leben, die sich gegen Berlusconi und seine Politik gestellt haben – etwa die vielen jungen und gut ausgebildeten Italiener, die mangels Zukunftschancen aus Italien geflüchtet sind. Das Problem ist aber dennoch nicht gelöst: Berlusconi ist keineswegs von der politischen Bühne abgetreten, sondern nur vorüber abgetaucht. Italien befindet sich zur Zeit auf Selbstsuche – ähnlich wie in der Zeit nach dem Schmiergeldskandal Tangentopoli Anfang der 1990er Jahre, als sich das Land Berlusconi in die Arme warf.
    Leider weiß man in Deutschland viel zu wenig über Italien – etwa, dass die deutsche Rechtssprechung weit hinter der italienischen zurückliegt, was die Bekämpfung der Mafia betrifft. Oder wie viele Italiener sich durch großen Mut und persönliches Engagement auszeichnen – durch eine Zivilcourage, die ich in Deutschland so nie gefunden habe.

  2. Ich fände es mal interessant über den Aspekt zu diskutieren, wie die Politik Berlusconis auch dem Image der Italiener geschadet hat, die im Ausland leben.

    In Deutschland, wo die Lage ja nie besonders gut war, hat man hier ja anscheinend besonders zu kämpfen. Die italienischstämmigen Schüler schneiden von allen am schlechtesten ab und gute 40% besuchen nur die Hauptschule, fast 10 % sogar nur eine Sonderschule. Der Ruf des italienischen Bildungssystems ist hierzulande miserabel (oftmals ungerechtfertigt, denn die modernen Lehr- und Lernkonzepte basieren zumeist vor allem auf Ideen der Reggio-Pädagogik und Norditalien schnitt beim PISA-Test sogar besser ab als die, als vorbildlich geltenden, nordeuropäischen Länder). Der negative Blick wirkt sich aber natürlich insgesamt auf die Lebenssituation dieser Menschen aus, z.B. beim Arbeitsmarkt.

    Wenn dann noch eine Person, wie z.B. Barbara Schöneberger dies getan hat, etwa beim Prominenten-Special von „Wer wird Millionär“, einer der meistgesehensten Sendungen Deutschlands, völlig frank und frei behauptet, dass italienische Männer alle so aussähen wie Berlusconi und italienische Frauen alle wie Prostituierte, ohne dass dies breite öffentliche Empörung auslöst, dann ist das, meiner Meinung nach, schon sehr bedenklich.

    Da verwundert es auch nicht, wenn die Italiener den Deutschen Arroganz vorwerfen – denn anders kann ich die Sichtweise der Deutschen auf Italien, die sich meist auf Pizza, Meer und Bunga-Bunga beschränkt, auch kaum erklären.

  3. Ein hervorragendes Requiem. Sie haben Zustand und Stimmung in diesem Land sehr präzise getroffen.
    Armer Napolitano, armer Monti. Was können wohl zwei aufrechte Rufer in dieser politischen und gesellschaftlichen Wüste noch ausrichten? Ich bin sehr pessimistisch.

  4. dass Berlusconi endlich weg ist, ist ein guter Anfang.

    Ich mache mir schon aber Sorge um meine Nation: immer noch haben meine Landsleuten ihm 4 mals die Chance gegeben, an die Macht zu kommen (BITTE NOTIEREN: ich sage nicht unbedingt: „sie haben ihn gewaehlt“, das ist etwas komplizierter als das, mit dem heutigen Wahlgesetz in Italien…)

    Aber trotzdem tragen die Verantwortung auch die Italiener, da sie 4 mals ihm erlaubt haben, an die Macht zu kommen: wo waren sie , die Italiener, in den letzten 18 Jahren ?

    Und auch… sind sie jetzt wie damals nach Kriegsende, ploetzlich alle gegen „dem heutigen Mussolini“ ?

    Die einzige politische Gruppierungen die ich heute vertraue sind der Movimento 5 Stelle und (vielleicht, aber auch schon weniger als Movimento 5 Stelle) IDV von Antonio di Pietro…

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