Der liebe Gott und die Nageltechnik (Il buon Dio e l’onicotecnica)

Ich habe heute das Thema Religionsfreiheit erörtert, mit Betti, meiner Nageltechnikerin. Wir redeten über Beppe Grillo, den ihr Vater nicht leiden kann. Weil er sich angeblich ein Mal über Religion lustig gemacht habe. Jedenfalls behauptete Bettis Vater das genau in dem Augenblick, als meine Fingernägel oval gefeilt wurden, was so was von out ist, dass es schon fast wieder in ist.

Betti, die Nageltechnikerin, gab zu bedenken, dass sich Grillo vielleicht über Priester lustig gemacht habe und stellte fest, dass dies etwas anderes sei, als sich über Religion lustig zu machen.

Diese Meinung konnte Bettys Vater nicht teilen. Er sagte: Man müsse den Glauben des Anderen respektieren. Und auch die respektieren, die diesen Glauben ausüben, also die Priester. Und diese Feststellung habe um so mehr Gewicht, als er selbst kein Kirchenbank-Küsser sei, er gehe nur ein Mal im Jahr in die Kirche, aber Glaube sei nun mal Glaube, und darüber dürfe man keine Späße machen.

Daraufhin sagte Betti: Also, ich verstehe nicht, warum du jetzt so vehement die Kirche verteidigst, denn so wie ich dich kenne, bist du tatsächlich kein besonders religiöser Mensch, wenn du nur ein Mal im Jahr in die Kirche gehst. Ich würde das bei anderen ja verstehen, ich respektiere den Glauben der anderen, etwa bei denjenigen, die auch noch ehrenamtliche Arbeit machen, aber bei dir wirklich nicht. Du bist nicht gläubig, du bist nur gottesfürchtig, du hast Angst vor Gott, und das haben dir die Priester eingebläut, diese Angst vor Gott. Sie wollen den Menschen klein halten, in Abhängigkeit. Das ist es, was die Priester wirklich wollen und das ist es, worüber man sich sehr wohl lustig machen kann.

Bettis Vater hielt dem entgegen, dass er dennoch religiös sei. Jeden Abend vor dem Einschlafen denke er daran, dass er katholisch sei.

Und Betti sagte: Ja, aber das machst du nur, weil du Angst hast, sonst nicht mehr aufzuwachen. Du bist abergläubisch, mehr nicht.

Als ich wieder in die Gasse trat, war ich eine andere. Meine Finger waren doppelt so lang wie vorher. Jeder Nagel war ein vollkommenes Oval, zartrosa schimmernd wie eine Muschelhälfte. Dann ging ich in die Kirche von San Salvador und spendete der Madonna eine Kerze.

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