Il divo

„Ich bin nicht so zynisch. Dieses Werk ist ein Schurkenstreich, eine Niederträchtigkeit, ein boshafter Film“ – sagte Giulio Andreotti, nachdem ihm der Film „Il Divo“ in einer Privatvorführung gezeigt worden war. So berichtete es jedenfalls die Repubblica. Einen besseren Werbespruch hätte sich der Regisseur Paolo Sorrentino nicht wünschen können.

Nachdem neben Gomorrah auch „Il Divo“, der Andreotti-Film, in Cannes ausgezeichnet wurde (mit dem Preis der Jury), habe ich endlich wieder das Gefühl, Klopfzeichen aus dem Untergrund zu hören – als würden diese beiden Preise die Kruste aus kultureller, politischer und sozialer Erstarrung, die auf Italien liegt, wenn nicht aufbrechen, dann ihr doch zumindest ein paar Risse beibringen. Es ist sicher kein Zufall, dass beide Filme die Mafia zum Gegenstand haben: Gomorrah zeigt, welche Spuren der Verwüstung die Mafia in den Köpfen und in der Landschaft hinterlassen hat. Und Il Divo zeigt, wie es dazu kam, dass die Mafia in den letzten sechzig Jahren unangefochten die italienische Politik beherrschen konnte.

Und weiterhin beherrschen wird. Denn nicht nur Giulio Andreotti sitzt im italienischen Senat, sondern auch Totò Cuffaro, der ehemalige sizilianische Ministerpräsident, der vor wenigen Monaten von seinem Amt zurücktreten musste, weil er erstinstanzlich zu fünf Jahren Gefängnis wegen Unterstützung der Mafia verurteilt wurde. Woraufhin er mit einem Sitz im Senat getröstet wurde. Und der Senatspräsident Renato Schifani, der kein geringeres als das zweithöchste politische Amt in Italien bekleidet, gründete im Jahr 1979 zusammen mit einigen Mafiabossen die Gesellschaft Siculabrokers. Einer dieser Mafiabosse, Nino Mandalà, sprach Jahre später über die Freundschaft zu Renato Schifani – was sich in den Akten verschiedener Mafiaprozesse niederschlug. Anders als die Politik vergisst die Mafia nicht. Auch nach Jahrzehnten nicht. Freundschaftsdienste müssen erwidert werden.

Oder, wie mir Franco Roberti, Chefermittler der Antimafia-Staatsanwaltschaft von Neapel, sagte: „Ob der Staat die Mafia besiegen kann? Ja. Wenn er das will.“

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